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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


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�Making of� des Heftcovers mit Xerox DocuColor iGen3

Das «Making of» des Covers dieser Zeitschrift

Kreativpapier-Cover; natürlich strukturiert, digital bedruckt

Das Cover dieser Zeitschrift wurde mit einem Xerox-iGen3-System auf dem Kreativpapier Tintoretto Neve produziert und zeigt, dass der Digitaldruck heute durchaus reif ist für die höheren Weihen der schwarzen Kunst.

MARTIN SPAAR «Kreativpapiere für den Digitaldruck» heisst das Schwerpunktthema dieses Heftes (siehe Artikel), und da wollten wir mit dem Cover gleich selbst ein Anschauungsbeispiel dafür liefern, was heute in dieser Beziehung möglich ist. Zusammen mit unseren Druckpartnern Xerox und Stämpfli entschieden wir uns für das Tintoretto Neve aus der Kollektion der Fischer Papier AG. Die raue Oberfläche und die angenehme Färbung geben diesem Ausstattungskarton einen besonderen Charakter und erinnern an handgemachte Büttenpapiere. Im Papierfachjargon spricht man bei einer derartigen, strukturierten Oberfläche von einer «Filzmarkierung». Dies kommt daher, dass dabei in der Produktion die Papierbahn in noch feuchtem Zustand durch eine mit Filz bespannte Walzenvorrichtung (die Pressgautsche) geführt wird. Das Papier übernimmt dabei die «Markierung» der Oberfläche des Filzes.

Trompeten von Jericho

Die Wahl fiel nicht zuletzt auf das strukturierte Tintoretto, weil sich damit alte Vorurteile bezüglich der eingeschränkten Papierauswahl bei Digitaldrucksystemen aus der Welt schaffen lassen. Speziell die Xerox iGen3 kommt sehr gut mit strukturierten Papieren zurecht, weil hier der Toner neben der konventionellen Fixierung mit Hitze und Druck zusätzlich durch Schallwellen in die Vertiefungen des Druckmediums gepresst wird. Xerox nennt dieses salopp als «Trompeten von Jericho» bezeichnete Verfahren Acoustic Transfer Assist (ATA).

Ausgehend vom Papier, galt es nun, ein passendes Cover zu kreieren. Es sollte etwas Leichtes sein, das bewusst einen Kontrapunkt zu unseren bisherigen, vollflächigen Digitaldruckcovers setzt. Denn diesmal wollten wir nicht primär den grossen Farbraum der Digitaldrucksysteme oder die Reproduktion von Pantonefarben demonstrieren, sondern ein Kreativpapier seine Wirkung entfalten lassen. Wir holten uns mit dieser Aufgabenstellung Rat bei Ralf Turtschi, der sich nach drei erklärenden Sätzen unsererseits bereits entspannt zurücklehnte und meinte, er habe da etwas Passendes: Er präsentierte uns einen Entwurf seiner Mitarbeiterin Regina König, der schon ziemlich dem entsprach, was Sie nun als fertiges Cover sehen. Interessanterweise gab dabei sowohl in unserer Redaktion als auch bei unseren Partnern das zerkratzte Gesicht zu mehr Diskussionen Anlass als der nackte Busen.

Vielschichtige Photoshop-Collage

Regina König hat diese elektronische Collage im Rahmen einer Posterserie als Agenturdeko geschaffen. Jedes Poster ist einem Kunden der Agentur gewidmet und nimmt entsprechende Gestaltungselemente auf. Wer das Kleingedruckte hinter der Frau zu entziffern vermag, wird das Rätsel schnell gelöst haben, welcher Hersteller eines in der Drogerie erhältlichen Markenproduktes dahintersteckt. Regina König hat das Ganze in Photoshop mittels unzähliger Ebenen arrangiert, und es ist dieses Ineinandergreifen verschiedener Bildelemente, das den Bezug zum Charakter des Papieres schafft: Die Ebenen der Collage scheinen mit der Struktur des Papieres verwoben, speziell die Blattrispen im Hintergrund wirken auf dem Papier sehr plastisch und haptisch greifbar. Zusätzlich schlagen die rankenden Blätter den Bogen zum Naturpapier; die Schmetterlinge in Verbindung mit der speziellen Pose der Frauengestalt verbinden Leichtigkeit mit Power ...

Doch bevor wir uns jetzt endgültig in der Tiefgründigkeit des Feuilletonistischen verlieren, wollen wir den Faden des Making-of unseres Covers wieder aufnehmen!

Bildpersonalisierung in Gutenbergs Tradition

Nachdem jetzt das gestalterische Konzept der Frontseite stand, spannten wir die Fäden in unserem Kreativnetzwerk weiter zu Gerhard Märtterer von der Firma i-clue in Waiblingen. Wir hatten ja schon bei den Covers der Publisher-Ausgaben 4-05 und 5-05 mit i-clue zusammengearbeitet und fotorealistische Bildpersonalisierungen gezeigt. Diesmal wollten wir die Bildpersonalisierung etwas diskreter in Spiel bringen. Gerhard Märtterers Idee war es, ausgehend vom Büttenpapier an die Tradition der schwarzen Kunst anzuknüpfen und die vierte Umschlagseite – die Anzeigenseite von Xerox – entsprechend zu gestalten. Gleichzeitig soll das Konzept der Personalisierung über alle Schrifttechniken hinweg demonstriert werden.

Die Personaliserung im NZZ-Ausschnitt auf der Frontseite ist dabei technisch gesehen eher trivial. Der einzige Stolperstein ist hier die Transparenz, aber auch dafür brauchte es keine Alpha­picture-Technologie. So etwas würde man sogar mit den Bordmitteln von InDesign hinkriegen, wenn man die langen Aufbereitungszeiten nicht fürchtet.

Das Satzschiff auf der vierten Um­­schlagseite ist da schon anspruchsvoller. Die Basis dafür bilden Handsatzbuchstaben, die in verschiedenen Varianten fotografiert und zu einem Bildalphabet digitalisiert wurden. Die hohe Schule der Bildpersonalisierung demonstriert i-clue schliesslich mit der handgeschriebenen Postkarte. Hier wurde eine Frauenhandschrift mit 7 Varianten pro Buchstabe und allen wichtigen Ligaturen – auch Dreierligaturen wie lle gehören dazu – zu einem Alphapicture-Font aufgearbeitet.

Mehr Wertschöpfung mit weniger Papier

Die – auf dem Cover angeschnittene – Botschaft des fiktiven NZZ-Artikels entspricht ganz dem Credo von Gerhard Märtterer: Mit seiner Bildpersonalisierungs-Technologie tritt er vielerorts als Wegbereiter des Digitaldrucks in Erscheinung, jedoch nicht aus Technologiebegeisterung, sondern weil er als ehemaliger Werber um die Wirkung individualisierter Botschaften weiss. Er sieht eine grosse Chance in der Abwendung vom Information-Overkill der Massenkommunikation hin zur gezielten, persönlichen Ansprache. «Mit weniger Papier mehr Wertschöpfung erzielen», lautet sein Leitsatz zuhanden der grafischen Industrie. Da darf das Papier dann auch wieder hochwertiger und teurer sein, wie im Fall unseres Covers …

Mit den drei Bildpersonalisierungen auf der ersten und der vierten Umschlagseite kommt bei rund 6000 personalisierten Covers rasch eine riesige Datenmenge zusammen, die das RIP eines Digitaldrucksystems schnell in die Knie zwingen würde. Die Alphapicture-Software setzt daher auf die Druckersprache PPML (Personalized Print Markup Language), welche es erlaubt, die variablen Teile von den statischen zu trennen und damit komplexe, individualisierte Layouts effizienter zu verarbeiten (siehe Abbildung linke Seite).

Auch die Angebote auf den inneren Umschlagseiten sind – wie wir es schon seit längerer Zeit praktizieren – je Zielgruppe individualisiert. Probeabonnenten finden auf der zweiten Umschlagseite ein Aboangebot mit attraktivem Begrüssungsgeschenk, unseren Abonnenten bieten wir hier Lern-DVDs an. Auf der dritten Umschlagseite finden sich für Fotografen, Werber und Prepress-Profis je separat zusammengestellte Bücherangebote. Nochmals eine Stufe komplexer individualisiert sind knapp 300 Hefte, welche Stämpfli bestehenden und potenziellen Kunden schickt. Hier findet sich auf der vierten Umschlagseite eine persönlich auf jeden Kunden abgestimmte Einladung zu einem Seminar zum Thema Digitaldruck (siehe Kasten). Dabei wird jeder Empfänger von seinem persönlichen Kundenberater bei der Stämpfli Publikationen AG angesprochen. Diese Hefte weisen somit total über 10 individualisierte Elemente, verteilt auf drei Umschlagseiten, auf!

Von Winterthur über Waiblingen nach Bern

Der Workflow bei der Cover-Produktion gestaltete sich so, dass wir beim Publisher die Adressdaten mit Hilfe unserer Verlagssoftware AboPlus aufbereiteten und mit unserer Marketingdatenbank die Zuordnung je Zielgruppe steuerten. Die so aufbereiteten Excel-Tabellen gingen per Mail zu i-clue nach Waiblingen, wo je Empfänger die Bildpersonalisierungen gerechnet und die richtigen Angebotseiten zusammengestellt wurden. Das Resultat waren fertig aufbereitete PDF-Dateien, die per Download-Link zur Stämpfli Publikationen AG in Bern gingen. Hier wurden die PDFs gerippt und auf der Xerox iGen3 gedruckt. Trotz des anspruchsvollen Papiers konnte die iGen3 mit der vollen Geschwindigkeit von 110 A4-Seiten Minute betrieben werden. Für unsere A3-Covers ergab das einen Output von rund 1500 Covers pro Stunde. Das Tintoretto-Papier zeigte sich dabei sehr masshaltig. Anfängliche Befürchtungen, dass das «Wachsen» dieses schweren Naturpapiers in der Maschine zu Problemen bei der Registerhaltigkeit führen könnten, waren unbegründet.

Leuchtende Farben auch auf Naturpapier

Die fertigen Covers demonstrieren vom Druckresultat her die Stärken des Digitaldrucks im Allgemeinen und speziell der Xerox DocuColor iGen3. Als Erstes sticht das satte, leuchtende Rot des Publisher-Logos auf der Frontseite ins Auge. Im Offsetdruck würde das Rot auf einem rauen Naturpapier wie dem Tintoretto Neve nie derart brillant zur Geltung kommen, sondern durch das Eindringen der Farbe ins Papier in seiner Leuchtkraft gebrochen. Die letzte Ausgabe des Publishers, die auf das Naturpapier PlanoArt von M-Real gedruckt wurde, hatte deutlich gezeigt, wie stark der Farbraum in einem solchen Fall im Offsetdruck verengt wird. Wenn Sie die Ausgabe 3-06 noch zur Hand haben und das vollflächige Rot auf der Seite 78/79 mit dem auf dem jetzigen Cover vergleichen (in beiden Fällen 100C/100Y), werden Sie einen markanten Unterschied feststellen. Diese Konstanz des Digitaldrucks über verschiedene Papiersorten hinweg gibt der Verwendung von Kreativpapieren in jüngster Zeit einen starken Auftrieb (siehe auch Papierschwerpunkt Seite 52). Neben den brillanten Volltonflächen kann die iGen3 ebenfalls in den feinen Grautönen des Shopangebotes auf der dritten Umschlagseite überzeugen. Auch auf dem rauen Papier liegt die gerasterte Fläche gleichmässig und ruhig.

Produktionspartner

Bei der Produktion des Covers dieser Ausgabe unserer Zeitschrift Publisher unterstützten uns folgende Partner:

Agenturtschi
Kreation der Frontseite durch Regina König
R. Turtschi AG
Visuelle Kommunikation
Soodstrasse 53
8134 Adliswil
Tel. +41 44 712 60 90
www.agenturtschi.ch

Alphapicture;
i-clue interactive GmbH

Konzeption, Bildpersonalisierung und Datenaufbereitung mit AlphaPicture-Software.
www.i-clue.de
www.alphapicture.com

Fischer Papier AG
Lieferant des Büttenkartons
Tintoretto Neve
www.fischerpapier.ch

Stämpfli Publikationen AG
Druck der Covers auf Xerox DocuColor iGen3
Stämpfli Publikationen AG
Wölflistrasse 1
CH-3001 Bern
Tel. +41 (0)31 300 66 66
www.staempfli.com

Xerox Schweiz AG
Projektmanagement durch Patrick Riesch
www.xerox.ch
patrick.riesch@xerox.com

Digitaldruck-Seminar bei Stämpfli

Zusammen mit der Stämpfli Publikationen AG führt der Publisher am 7. November in Bern ab 13.30 Uhr einen Digitaldruck-Workshop durch. Im ersten Teil, der vor allem Verlagsfachleute anspricht, wird Herausgeber Martin Spaar anhand der im Publisher realisierten Anwendungsbeispiele die Möglichkeiten zielgruppenspezifischer Angebote in einer Zeitschrift aufzeigen und Praxistipps für den Einstieg in den individualisierten Druck geben. Anschliessend werden die Fachleute der Stämpfli Publikationen AG Beispiele der Abowerbung und Leserbindung vorstellen. Der zweite Teil dieser Nachmittagsveranstaltung ist dem Thema Print on Demand gewidmet und zeigt die Vorteile einer bedarfsorientierten Drucksachenproduktion auf. In einem abschliessenden Workshop-Teil besteht die Möglichkeit, in kleinen Gruppen auf individuelle Fragestellungen einzugehen.
Die Teilnahme am Event ist kostenlos; Anmeldungen nimmt Frau Olga Del Vecchio unter Tel. 031 300 63 81 oder olga.delvecchio@staempfli.com gerne entgegen.